Seit
nunmehr beinahe 13 Jahren sind die Necrons eine spielbare Kriegspartei im
scheinbar ewigen Konflikt des 41. Jahrtausends. Zwei Codizes und eine
White-Dwarf-Liste versorgten alle mit den entsprechenden Regeln, die gewillt
waren, die Necrons in ihren finsteren Kampagnen zu unterstützen. Jedes dieser
Regelwerke änderte jedoch nicht nur die Spielweise der außerirdischen Roboter,
sondern auch die Ausgestaltung ihres Hintergrundes, auch Fluff genannt: von
Plünderern über schweigsame Seelenernter hin zu Weltraumpharaonen.
Doch
was zunächst wie sehr gegensätzliche Fluffs aussieht, stellt sich bei genauerer
Betrachtung als durchaus sehr gut zusammenspielendes Informationsgeflecht
heraus. Zugegeben gibt es einige blinde Flecken, wie bspw. der Wechsel der Phantome
von Necron- hin zu Canoptech-Einheiten, aber insgesamt ergibt das Zusammenfügen
der verschiedenen Hintergründe ein sehr kohärentes Gesamtbild.
Der
Schlüssel besteht darin, die Hintergrundinfos so zu betrachten, als würden sie
aus verschiedenen Perspektiven stammen. Der Fluff der ersten Armeeliste und des
ersten Codex ist aus der Sicht des Imperiums geschrieben, für das die Necrons
eine noch völlig neue und mysteriöse Bedrohung darstellten. Dagegen stellen die
Informationen aus dem zweiten Codex:
Necrons eine Introspektive dar, also die Betrachtung der
Herrschaftsstrukturen der Necrons aus ihrer eigenen Sicht heraus.
Zum
Abschluss dieser Retrospektive verknüpfen wir nun die einzelnen
Hintergrundinformationen aller Necron-Regelwerke und zeigen damit nicht, wie
wechselhaft ihr Fluff ist, sondern wie umfangreich er schon in 17 Jahren
geworden ist.
Der
zentrale Fixpunkt ist der Überfall auf das Sanktuarium 101. Dies war der erste
gespielte und vom Imperium dokumentierte Kampfeinsatz der Necrons. Da es ein
erstes Erwachen der alten Roboter war, waren die eingesetzten Truppen
diejenigen, die am wenigsten Ressourcen brauchten: Krieger, Destruktoren und
Skarabäen. Diese Form der Xenos und deren Technologie waren dem Imperium bis dato
unbekannt. Dementsprechend war auch nichts über die Ziele oder die militärische
Vorgehensweise der mysteriösen Neulinge bekannt. Die Necrons reinigten vorrangig
ihre Gruftwelten von Siedlungen und Stützpunkten und tilgten damit jegliches
Leben und sämtliche fremde Technologie. Ihre Gausswaffen zerstörten molekulare
Verbindungen und lösten damit sämtliche Materie in ihre einzelnen Atome auf.
Weil das Imperium keine Ahnung von den Effekten und der Wirkungsweise der
Gausswaffen hatte (und es keine überlebenden Augenzeugen gab, die diesen Effekt
hätten beschreiben können), musste es annehmen, dass sämtliche Technologien,
Maschinen etc. von den Necrons geraubt wurden. Sie wurden daher zunächst als
brutale Plünderer und Räuber klassifiziert.
Erst
mit der Zunahme von Feldzügen und der Vervielfältigung der
Necrontruppen
erkannte die Menschheit, dass das Ziel der außerirdischen Roboter kein bloßes
Marodieren war. Doch auch die korrigierte Annahme über den Daseinszweck der
Necrons sollte sich als falsch herausstellen. Die Tatsache, dass Necrons fast
nie Gefangene nahmen, führte bei imperialen Strategen zu dem Ergebnis, dass die
Anstrengungen der Metallskelette auf die komplette Vernichtung sämtlichen
Lebens in der Galaxis ausgelegt waren. Die einzigen Truppen, die dabei so etwas
wie Individualität und Bewusstsein vorweisen konnten, waren die mutmaßlichen
Anführer: die Lords. Nach diversen Kämpfen von kleinen Scharmützeln bis hin zu
Schlachten apokalyptischen Ausmaßes glaubte das Imperium sogar die
hierarchische und strategische Struktur der Necrons ausgemacht zu haben. Diesen
Ergebnissen zufolge bestand die Vorhut immer aus Kanoptech-Einheiten und
Necronkriegern. Aufgrund der seltenen Sichtung von Extinktoren wurde
angenommen, dass diese Elitetruppen waren, während die schweren Destruktoren ein
eigener Truppentyp bei der Unterstützung darstellten. Die Kommandostruktur
wurde zum einen als Lords in vier Stufen beschrieben: Bronze, Silber, Gold und
Platin. Zum anderen gab es mehrere Berichte über unglaublich mächtige Geschöpfe,
die inmitten der Necrons wandelten und sie als „Götter“ befehligten. Sie wurden
C’tan genannt. Zeugnis über die Kräfte dieser Energiewesen legte u.a. der
Astartes Uriel Ventris von den Ultramarines ab.
Allerdings
wurde der Sklave mit dem Meister verwechselt. Die C’tan waren nicht die
Herrscher der Necrons, sondern ihre Diener und so furchterregend ihre Stärke
war, so sehr war sie doch nur ein Abglanz ihrer ursprünglichen Macht, weil ihre
„Gestalt“ in viele kleine Teile fragmentiert wurde. Ventris erweckte also nicht
den Todesboten an sich, sondern nur eines seiner Fragmente. Das wurde mit dem
Kampf gegen Exemplare der ungleich machtvolleren transzendierten C’tans, einer
Fusion mehrerer solcher Teilstücke, mehr als deutlich. Die Xenos-Analysten des
Menschenreiches waren von der Wahrheit aber nicht so sehr entfernt, wie es
zunächst den Anschein hatte. Ihre Kategorisierung der Truppentypen war in
großen Teilen korrekt und selbst die Einstufung der Kommandeure stellte sich
als richtig heraus. Sie wurden innerhalb der Necronhierarchie jedoch nicht mit
Edelmetallen klassifiziert, sondern mit den Namen Lord (Bronze), Destruktorlord
(Silber), Hochlord (Gold) und Phaeron (Platin). Wie viele Xenosspezialisten ebenfalls
richtig vermutet hatten, verbarg sich in den Gruftwelten weit mehr als Skarabäen,
Krieger und Monolithen. Immer mehr Infanterie, Fahrzeuge und sogar superschwere
Kriegsmaschinen wurden auf den Schlachtfeldern gesichtet. Die internen
Beziehungen der Herrscherkaste waren jedoch wesentlich intriganter, als es das
Imperium angenommen hatte, ebenso wie die Verbreitung von Necrons mit
Persönlichkeit und einem Bewusstsein.
Bei
den Zielen der Roboter irrte sich die Menschheit noch gravierender. Der
Großteil der Necrons war kein geschlossener Verbund, der sämtliches Leben bis
zum letzten Bakterium vernichten wollte, sondern in (teils rivalisierenden)
Dynastien aufgeteilt, die einerseits ihr altes Herrschaftsgebiet
wiederherstellen wollten, dass ihnen während ihrer Stase von den jüngeren
Völkern wie Orks, Eldar oder Menschen streitig gemacht wurde. Andererseits
wollten sie die Menschheit ganz im Gegenteil sogar bewahren, schützte sie sogar
vor dem Chaos oder den Tyraniden, weil die Necrons in den ihnen physiologisch
sehr ähnlichen Homo Sapiens die Chance auf eine Rückverwandlung und damit auf
die Befreiung von ihrem Unsterblichkeitsfluch sahen. Das bedeutete jedoch
nicht, dass die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Rassen friedlich ablaufen
sollten…
Die
drei verschieden Fluffs lassen sich somit durch aus ein einen gemeinsamen
Rahmen stimmig zusammenfassen. Ob dies im Sinne von Games Workshop ist oder der
Hintergrund des baldigen dritten Codex etwas daran ändern wird, soll der Meinung
jedes Einzelnen überlassen sein.
Abschließend
bleibt mir nur zu sagen, dass die Retrospektive für euch, liebe Leser, hoffentlich
nicht nur interessant, sondern vor allem lehrreich war, was die Geschichte
sowie die Regelentwicklung und –wiederverwertung der metallenen Xenos betrifft.
Wir dürfen gespannt sein, in welche Richtung der dritte Codex: Necrons die Evolution der finsteren Roboter lenken wird.
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