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Donnerstag, 6. November 2014

Version 3.0: Vergessene Herrscher




Innerhalb der ersten Dekade des neuen Millenniums waren die Necrons ebenso schnell von ihrem Zenit abgestiegen, wie sie in erreicht hatten. Das Resultat war der Verkauf oder das Verstauben zahlreicher Armeen der Xenos und mit dem Erscheinen des neuen Codex: Dark Eldar waren sie nicht nur laut Hintergrund das älteste Volk, sondern hatten auch das dienstälteste Regelwerk. Nach mittlerweile fast neun Jahren und drei Editionen hungerten Fans und Spieler der Necrons nach einem neuen Codex. Im August 2008, ein paar Monate nach dem Erscheinen der ersten Apokalypse-Erweiterung, gab es ein sehr kurzes Aufflammen in der Gerüchteküche. Es hieß, dass die C’tan vom Codex in die speziellen Regelsysteme des Games-Workshop-Tochterunternehmens Forgeworld ausgelagert werden sollten, 1500 Punkte kosten würden und in Zukunft die Größe eines Eldar-Jagdtitanen besäßen. Zum Ausgleich würde es Necronlords in vier verschiedenen Abstufungen geben: Bronze, Silber, Gold und Platin. Nichts davon sollte sich bewahrheiten, geschweige denn wieder in irgendeiner Weise auftauchen. Zwei Jahre später war in einigen Foren zu lesen, dass Extinktoren auf ein 35 mm Base, der nächst größeren Basegröße, kommen sollten und eine neue Einheit namens Necromancer Einzug halten würde. Dies wäre ein angeblicher Riesennecron, der ein Fixpunkt im neuen Regelwerk sein würde. Auch keine dieser Spekulationen sollte Realität werden.

Im Jahr 2011 gab es endlich erste konkrete (um nicht zu sagen: glaubhafte) Anzeichen, dass die Necrons rundum erneuert werden sollten. Viele Behauptungen, wie bspw. die Ausweitung von Ich komme wieder…! auf alle Einheiten oder ein neuer Destruktortyp mit Flammenwaffe, erwiesen sich zwar als falsch, doch bereits Ende April und Anfang Mai spiegelten die Gerüchte im Großen und Ganzen die neuen Regeln mit grober Richtigkeit wider. Die Vorfreude darauf währte allerdings nur kurz, nämlich bis zu dem Zeitpunkt als bekannt wurde, wer den Codex schreiben würde: Matt Ward. Spätestens nach dem Codex: Grey Knights und Codex: Blood Angels war dieser Mann in der Warhammer-40.000-Fangemeinde berüchtigt (andere würden sagen „verhasst“) dafür, dass seine Arbeit nicht den höchsten Qualitätsstandards entsprach. Der Fluff bzw. die Hintergrundinformationen eines Volkes, dass in seine Finger geriet, waren entweder schwer in den Kanon des 40k-Universums einzufügen, wurden selbst für 40k-Maßstäbe maßlos übertrieben oder brachen einfach schlicht und ergreifend mit Traditionen und Vorgängerwerken. Die Regeln, die Matt Ward schrieb, wurden nicht weniger kritisiert und brachten ihm den Ruf ein, nur Codexleichen oder überstarken Todeseinheiten zu kreieren.

Als der zweite Codex: Necrons schließlich im Oktober 2011 in die Regale der Hobbyläden kam, sahen viele Spieler und Fans ihr schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Hintergrund und Teile der Armeeliste wurden so radikal geändert, dass der neue Codex keine Aktualisierung war, sondern mehr einem Reboot gleichkam, ähnlich dem Übergang von der White-Dwarf-Armeeliste zum ersten Codex.

„Ihr seid alle Individuen…“
Die Necrons waren nun keine seelenlosen Maschinen mehr, deren einziger Zweck die Auslöschung allen Lebens war. Im Gegenteil war ihr vordergründiges Ziel nun eine Rückverwandlung von artefaktischen in biologische Wesen, weshalb vor allem die ihnen physiologisch ähnlichen Menschen überleben mussten. Zumindest war es das Ziel der meisten Necrons. Denn mit dem neuen Fluff verloren die Metallxenos ihre Uniformität und Einigkeit und regierten stattdessen in teils konkurrierenden Dynastien, die danach strebten, ihr altes Herrschaftsgebiet zu verteidigen bzw. zurückzuerobern. Götter besaßen sie nun nicht mehr. Die C’tan spielten im Krieg gegen die Alten zwar noch ein Rolle, doch sie waren nun Diener statt Herrscher der Necrons. Ihr Bewusstsein und ihre „Körper“ wurden von ihren einstigen Sklaven zersplittert und ihn Knechtschaft gezwungen.

Wie schon erwähnt, zogen diese Änderungen bei ihrer Veröffentlichung viele kritische Stimmen nach sich. Der Großteil der Fangemeinde lehnte den neuen Fluff ab, wenigen war er egal und noch weniger begrüßten ihn. Die Kritik am neuen Setting betraf entweder das Ägypten-Thema an sich oder dessen Umfang im neuen Fluff und Miniaturdesign. Erstere war allerdings unbegründet, da die Necrons bereits seit ihrem ersten Auftauchen in der 2. Edition altägyptisch angehaucht waren und diese Thematik schon mit dem ersten Codex intensiviert wurde. Dennoch blieb die Beschwerde bestehen, dass die Necrons nun nicht mehr als Space Khemri seien. Eine Anspielung auf das ans alte Ägypten angelehnte untote Volk aus Warhammer Fantasy.
Eine zweite Beanstandung zielte in Richtung der neuen Charakterisierung der Necrons. Dadurch dass die Necrons nun Persönlichkeiten besaßen, die in hierarische Strukturen, Intrigen und territoriale Gebietsansprüche mündeten, unterschieden sie sich nun nicht mehr vom Großteil der Konfliktparteien, die ebenfalls den Besitz eines Herrschaftsgebietes in ihrer politischen Agenda besaßen, bspw. die Tau oder das Imperium. Die Einführung von individuellen Charakteren beraubte die Necrons somit paradoxerweiser ihrer Individualität.
Insgesamt summierte sich Kritik darin, dass aufgrund der neuen Charakterisierung der Necrons ihre Handlungen und Pläne nachvollziehbar und vorausschaubar wurden und sie damit ihre mysteriöses und bedrohliches Wesen verloren.
Weitere bekannte kritische Aspekte betrafen die Auswirkungen auf andere Warhammer-40.000-Prominente, wie Helbrecht von den Black Templars, oder die (zunächst kaum beachtete) Einführung des Galaktischen Stellariums, mit dem die Necrons jeden Stern (also auch die Sonne von Terra) in eine Supernova verwandeln konnten.

Tiefer in die Gruft
Bei den armeeweiten Regeln gab es ebenfalls weitreichende Umwälzungen. Ich komme wieder…! wurde in die wesentlich technischeren Reanimationsprotokolle (kurz: REAP) umgetauft. Necrons konnten sich nun nur noch auf die 5+ reparieren, dafür durften sie dies nun am Ende jeder Spielerphase und fast ohne Einschränkungen versuchen. Lediglich ein Modell des eigenen Trupps musste noch stehen, damit ein Necron den Test durchführen durfte. Modelle mit der Sonderregle Ewiges Leben durften selbst diese Ausnahme ignorieren, ähnlich wie es schon dem Necronlord im ersten Codex gestattet war. Die Regeln Necron und Phase Out wurde komplett gestrichen. Viel Kritik erntete der Codex für die extreme Abschwächung des Lebenden Metalls und für den neuen, sehr starken Entropiestoß, durch den man Fahrzeuge nur angucken musste, um sie in Altmetall zu verwandeln. Die Änderungen beim Lebenden Metall wurde über die neuen Quantenschilde abgefangen, die den ganzen offenen Fahrzeugen eine höhere Panzerung gewährte.

Auch Matt Wards Ruf, schlecht balancierte Regeln für Einheiten zu schreiben, sollte sich bestätigen. Unkritisch war zunächst aber, dass die Armeeliste konsistent zum geschichtlichen Hintergrund aufgebaut und eine hierarische Abstufung der Einheiten gut und eindeutig erkennbar war. Neben dieser horizontalen Teilung gab es auch eine vertikale, mit einer militärischen Kategorie einerseits (Lords, Krieger etc.) und einer wissenschaftlich-technokratischen Abteilung anderseits (z.B. Kryptomanten, Kanoptech-Einheiten). Sämtliche Sektionen erhielten nun zudem einen teils sehr massiven Zuwachs an neuen Einheiten. Außerdem waren die C’tan(-fragmente) die einzige Codexeinheit mit einer Initiative über 2.

In der HQ Sektion wurde der ursprünglich einfache Necronlord in drei Kategorien aufgeteilt: Hochlord, Destruktorlord und Lord. Der Hochlord entsprach am ehesten dem klassischen Necronlord und kostete sogar ein Zehntel weniger. Praktisch konnte man den Hochlord in zwei weitere Klassen unterteilen, indem man ihn zum Phaeron hochstufte und seinem Trupp die Regel Waffenexperte/Unaufhaltsam verlieh (der Name der Sonderregel hängt von der gespielten Edition ab). Diese Option war allerdings nur in Kombination mit Kriegern und Extinktoren interessant. Sein Stab des Lichts verlor zur Enttäuschung vieler Spieler seine Eigenschaft als Energiewaffe. Er hatte immer noch Zugriff auf eine Sense, die nun aber Kriegssense hieß und keine Rettungswürfe mehr ignorierte, dafür aber die Stärke des Trägers um 2 erhöhte. Auch der Regenerator, nun als Regeneratorsphäre bekannt, und der Phasenverzerrer waren noch in seiner Rüstkammer auffindbar. Erstere ignorierte keine Ausnahmen für die Selbstreparatur mehr, sondern verbesserte den REAP-Wurf auf 4+, letzterer gewährte mittlerweile einen Rettungswurf von 3+ und sein Zugriff war nicht mehr auf nur einen Lord beschränkt. Allerdings wurden die Kosten für den Verzerrer um 50% angehoben. Der Rest seiner Artefakte stand nun den neuen Kryptomanten zur Verfügung und wurde durch andere Spielzeuge ersetzt. Als Pflichtkäufe erwiesen sich dabei das Durasempische Geflecht, das dem Hochlord endlich seit der ersten Armeeliste der 2. Edition wieder einen besseren Rüstungswurf zur Verfügung stellte, und die Gedankenkontrollskarabäen (GKS), welche die Chance einräumten, dass ein feindliches Modell gegen seine eigenen Truppen schlug. In den Augen vieler Necronspieler und -gegner gleichermaßen waren die GKS für ihren Effekt allerdings zu billig. Der Tachyonenpfeil wurde komplett ignoriert. Er kostete viele Punkte, konnte nur einmal eingesetzt werden und hatte einen Effekt von zweifelhaftem Erfolg. Zudem musste man sich für den Einsatz dieses Artefakts auf die durchschnittliche BF des Hochlords verlassen. Die Chance war also hoch, die Punkte für den Pfeil einfach in den Sand zu setzen. Der letzte neue Ausrüstungsgegenstand war ebenfalls selten auf dem Schlachtfeld anzutreffen. Dabei war die Flammenfaust, ein schwerer Flammenwerfer mit der Eigenschaft, alle verpatzten Treffer- und Verwundungswürfe im Nahkampf zu wiederholen, eigentlich gar nicht so schlecht. Doch sie hatte das gleiche Problem, wie die Disruptorklauen im ersten Codex. Die wesentlich bessere Sense war lediglich 5 Punkte teurer. Ihr wurde deswegen der Vorzug gegeben.

Der Destruktorlord war faktisch der alte Necronlord mit entsprechendem Körper, Sense und modifiziertem Profil, aber drastischer Reduzierung der Punktkosten (ca. 25% weniger). Er musste nun auf einen Rettungswurf verzichten, bekam aber die Regel Erzfeind gegen alles und jeden und war damit prädestiniert für den Nahkampf.

Die einfache Lord war die abgespeckte Version des Hochlords mit weniger Attacken und LP, aber denselben Ausrüstungsoptionen. Fünf von ihnen konnten in der neuen HQ-Einheit des Herrscherrats ausgewählt werden, der wiederum durch die Auswahl eines Hochlord freigeschaltet wurde, und dessen Mitglieder als Truppführer ausgewählten Necroneinheiten unwiderruflich angeschlossen werden durften.
Die andere Hälfte dieses Hofstaats bildeten die ebenfalls neuen Kryptomanten. Sie standen in der Tradition der früheren Necronlords, die als „Boten“ tituliert wurden und deren Titel sie nun übernahmen. Ein Kryptomant konnte zu einem von fünf verschiedenen Boten mit einzigartigen Ausrüstungen und nicht optionalen Waffen befördert werden. Der Großteil dieser Gegenstände bildete die frühere Rüstkammer des Necronlords im ersten Codex. Der Bote der Ewigkeit bekam das nun wesentlich bessere Chronometrum, das einen Widerholungswurf pro Phase erlaubte, und einen Rettungswurf sowie einen recht nutzlosen Stab. Der Bote des Sturms erhielt das vereinfachte, aber leicht bessere Hochspannungsfeld, den komplett neuen Ätherkristall gegen Schocktruppen und eine Waffe gegen Fahrzeuge. Die kleine Schablonenwaffe des Boten der Verwandlung war hingegen primär auf die Verlangsamung von Infanterie ausgelegt; ebenso wie sein Schockwelleninduktor, der die feindliche Angriffsdistanz verringerte. Sein zweites Artefakt, die Harfe der Dissonanz war die einzige zusätzliche Fernkampfwaffe für einen Kryptomanten. Sie hatte zwar eine unendliche Reichweite und den Entropiestoß, aber da der Bote schon eine Waffe besaß und man für die Harfe den Wert eines weiteren Kryptomanten hatte, verstaubte sie in der Rüstkammer des Herrscherates. Die ebenfalls im Wortlaut fast unveränderte Aura des Schreckens und der altbekannte Schleier der Finsternis, der nun nicht mehr den Teleport aus dem Nahkampf erlaubte, waren Optionen des Boten der Verzweiflung. Seine Flammenwaffe verfügte über einen hervorragenden Stärke- und DS-Wert, musste aber gegen den MW des Ziels verwunden und war damit nutzlos gegen Fahrzeuge. Der letzte im Bunde war der Bote des Schreckens, der nicht nur eine hervorragende Waffe besaß, sondern auch die Klassiker Flammenmaske, deren Effekt fast gleich blieb (nur der MW-Malus für den Feind fiel dem Rotstift zum Opfer), und Solarimpuls. Alle Kryptomanten hatten das Profil eines Necronkriegers.

Den Rest des Anführerbereichs füllten jede Menge neue Einzigartige Charaktermodelle (ECM) aus. Diese wurde jedoch selten eingesetzt, da deren Kosten sehr hoch waren, ihre Ausrüstung hingegen alles andere als optimal. Die Waffe Imotheks des Sturmherrn hatte eine kurze Reichweite sowie einen einmaligen Effekt und war damit de facto nutzlos. Auch seine Unterstützung für Albträume war vernachlässigbar, weil diese Einheit keiner gebrauchte. Ausgewählt wurde er für seine erhöhte Chance zum Initiativestehlen (mit Ausnahme gegen Orks) und der Fähigkeit den schützenden Nachtkampf aufrechtzuerhalten und dabei mächtige Blitze zu erzeugen. Illuminor Szeras war ein sehr teurer Bote des Schreckens ohne Solarimpuls und mit einer zufälligen Verbesserung für eine Standardeinheit, wobei die mit einer Wahrscheinlichkeit von über 33% nutzlos war. Außerdem verbrauchte er einen für die Necrons sehr wertvollen HQ-Platz und war somit eine Codexleiche, die keiner anrührte. Ein ähnliches Schicksal ereilte den besonderen Kryptomanten Orikan der Seher, der dank seinem Verlangsamungseffekt im ersten Zug zunächst noch ab und zu in Listenkonzepten auftauchte, bald aber auch komplett verschwand. Seine Hauptfähigkeit, die Verwandlung in ein Monster, war nicht nur glücksabhängig, sondern konnte zum sofortigen Tod bei seiner Rückverwandlung führen. Auch Anrakyr der Reisende und Trazyn der Unendliche wurden kaum eingesetzt. Anrakyr hatte eine passable Ausrüstung und die Möglichkeit, Fahrzeuge zu übernehmen. Die Verbesserung der Extinktoren war jedoch überflüssig und ein selbstkreierter Hochlord zumeist flexibler und effektiver. Trazyns Stab klang auf dem Papier zwar wie der Verursacher von Massakern, erwies sich in der Praxis aufgrund vieler Hürden als unnütz. Zumindest konnte er Missionsziele einnehmen. Er war sogar für Necronverhältnisse äußerst langlebig, allerdings auf Kosten der meist wesentlich wertvolleren Herrscherratsmitglieder. Deswegen war seine Einsatzfrequenz sehr niedrig. Als wesentlich beliebter erwiesen sich Nemesor Zanndrek und Vanguard Obyron. Ersterer hatte ein annehmbare Ausrüstung und die starke Fähigkeit, eigenen Truppen Sonderregel zu geben und feindlichen selbige zu sperren. Letzterer war der Leibwächter des Nemesors und mit dem höchsten KG des Codex und der Möglichkeit auf zusätzliche Attacken ein sensenschwingendes Nahkampfgenie. Das Sahnehäubchen waren sein Schleier der Finsternis, mit dem er in der Nähe von Zanndrekh nicht abwich, sowie der Effekt, dass er keinen HQ-Slot brauchte, wenn er mit seinem Chef in der gleichen Liste ausgewählt wurde.

Bei all diesen Änderungen war die Kontinuität der Krieger im Standardbereich eine willkommene Pause. Profil und Bewaffnung änderten sich fast gar nicht. Nur der Rüstungswurf wurde ein zweites Mal verschlechtert; diesmal auf 4+. Außerdem verloren sie ihre Option auf Disruptorklauen. Das Minimum ihrer Truppenstärke wurde halbiert und ihre Punktkosten um knapp ein Drittel reduziert. Sie erhielten Zuwachs in Form der ehemals elitären Extinktoren. Deren Kosten wurden ebenfalls um knapp ein Drittel verringert und sie erlitten das gleiche Schicksal wie die Krieger beim Wechsel von der 2. zur 3. Edition, indem ihr Widerstand auf 4 gesenkt wurde. Außerdem waren ihre nun wieder als Gauss Blaster bekannten Waffen nur noch vom Typ Schnellfeuer. Der Verlust ihrer Disruptorklauen wurde mit der Option auf eine der neuen Teslawaffen kompensiert, die als bessere Alternative zur Grundbewaffnung auf weitere Distanzen angesehen wurde.

Im einstigen Zuhause der Extinktoren, dem Elitebereich, gab es die umfassendsten Änderungen. Von den alten Auswahlen blieben nur die Albträume mit der modifizierten Bezeichnung Albtraum-Meute erhalten. Zwar konnte man sie nun auf 20 Necrons aufstocken und ihre Kostenreduzierung entsprach denen der Krieger, aber sie hatten nun einen schlechteren Rüstungswurf, verloren ihre Angst-Regel und hatten keine Option mehr auf Disruptorklauen. Sie waren nun das traurige Paradebeispiel für eine Codexleiche.
Eine ähnliche Degradierung erlebten auch die einstigen Sternengötter, die nur noch C’an-Fragmente waren. Bis auf ein paar Ausnahmen wurde ihr Profil durchweg verschlechtert und sie verloren ihren Status als Anführer. Ihre Punktkosten waren trotz einer Senkung in Bezug auf ihre Anpassungen immer noch sehr hoch, zumal man sie aus einer Liste mit elf Fähigkeiten genau zwei ausstatten musste. Die Fähigkeiten waren zumeist abgeschwächte Varianten der ursprünglichen C’tan, womit man also eine Art Light-Version erstellen konnte. Interessant war vor allem der Zeitstrahl, weil er bis zum ersten FAQ sogar Läufer und Titanen einsaugen konnte. Ihre Achillesferse, der durchschnittliche Schutzwurf, blieb auch weiterhin bestehen, allerdings waren sie die einzige Necroneinheit mit der Regel Ewiger Krieger.
Die Pariah verschwanden komplett aus dem Hintergrund und der Armeeliste gleichermaßen. An ihre Stelle trat die Leibgarde, die in etwa das gleiche Profil besaßen und auch Sensen hatten. Allerdings hatten diese keine eingebaute Schusswaffe und die Modelle waren sogar nochmal 4 Punkte teurer. Dafür konnten sie sich nun reparieren und gegen einen Aufpreis die Sensen gegen ein Schild samt Energieschwert tauschen. Das Schild gab ihnen einen guten Rettungswurf und konnte sogar Beschuss auf den Feind zurücklenken. Sie waren so stark genug, um es das ein ums andere mal auf die Spieltische zu schaffen.
Die Prätorianer, mit denen sie sich einen Modellbausatz teilten, konnten weniger überzeugen. Die Sprungtruppen besaßen fast exakt das Profil der Leibgarde bis auf die Attackenzahl, bei der eine magere 1 gedruckt war. Das reduzierte ihren Schadensoutput nicht nur drastisch, sondern ließ ihre Kosten, die einem Trupp Space Marine Terminatoren gleichkamen, umso schmerzhafter erscheinen. Die Schussattacke ihrer Energiewaffe konnte dabei auch kaum einen Necronspieler überzeugen. Damit standen sie als höchste Garde der obersten Necrons, dem Triarchat, in Widerspruch zu ihrem Fluff.
Ebenfalls Teil dieser Garde war der erste Läufer der Metallskelette namens Jagdläufer, an den man immerhin drei mögliche Waffen montieren konnte und dessen Treffer die anderen Waffen der Necrons gegen das gleiche Ziel synchronisierte. Er wurde vor allem für fernkampflastige Listen eine willkommene Verstärkung.
Der letzte Neuzugang waren die Eliminatoren, die die ersten Necron-Scharfschützen waren und Feinde markieren konnten, um sie leichter zu verwunden. Ihre Regel, im feindlichen Zug als Schocktruppen aufzutauchen, sorgte für eine lange und erbitterte Diskussion, ob sie dem Regelwortlaut „normal schießen“ zufolge auch im Gegnerzug ihre Waffen abfeuern durften. Mit dem Bekanntwerden eines fallengelassenen Entwurfs zur 6. Edition, in dem dieses reaktive Schocken ein fester Bestandteil war, sprachen sich die Spieler mehrheitlich gegen das Schießen aus und bezeichneten die Regel als inkonsequente Regelentwicklung seitens Games Workshops.

Mit der Menge an Neuerungen bei der Elite konnte Sturmbereich nicht mithalten. Die einzige neue Einheit waren die 3 bis 5 Exovenatoren auf ihren Jetbikes, die laut Hintergrund sogar die Rolle als Raumjäger übernahmen. Sie besaßen je drei Waffen und Ausrüstungen und damit die meisten Option abseits des HQ-Bereichs.
Die wohl umfassendste Umgestaltung konnten die Phantome für sich verbuchen. Sie waren nun offiziell die Kanoptech-Phantome, also in einer Kategorie mit den Spinnen und Skarabäen. Das bedeutete auch, dass sie ihre Selbstreparatur verloren. Im Gegenzug wurden sie billiger, erhielten Waffenoptionen sowie rüstungsbrechende Attacken, mehr LP und neue (doppelt so große) Modelle aus Plastik. Ihre stark gesenkte Initiative konnten sie mit den Fesselspulen ausgleichen, mit denen sie die Feinde extrem verlangsamten.

Den Skarabäen wurde auch weiterhin keine Pause gegönnt. Sie wurden in Kanoptech-Skarabäen umgetauft und ihre Regeln wurden schon wieder geändert, was sie allerdings auch zu den haushohen Favoriten des zweiten Codex werden ließ. Sie verloren ihre einzige Waffenoption, waren nun aber Bestien mit dem Entropiestoß und einer erhöhten Attackenzahl. Damit entsprachen sie nun wieder eher ihren Vorgängern aus der 2. Edition.
Eine ähnliche Rückbesinnung auf die alten Zeiten erlebten auch die Destruktoren, welche nun etwas billiger wurden und ihre Option auf die schwere Gauss-Kanone zurückerhielten. Das bedeutete im Gegenzug auch, dass der schwere Destruktor als eigener Armeelisteneintrag überflüssig wurde und daher dem Rotstrich zum Opfer fiel. Außerdem bekamen sie nun die Regel Erzfeind gegen alles, was in der 5. Edition allerdings noch recht überflüssig war, weil die Sonderregel nur im Nahkampf aktiviert wurde. Auch andere Änderungen bekamen wenig Lob. So wurde die Abwandlung ihrer Hauptwaffe von vielen Fans als Abschwächung kritisiert und der Destruktorsturm als tot erklärt.

Den Verlust der schweren Destruktoren sollten die anderen neuen bzw. geänderten Einheiten des Unterstützungsbereiches ausgleichen. Und genau das konnten nach Ansicht der 40k-Spieler vor allem zwei Einheiten. Die Kanoptech-Spinne, die einstige Gruftspinne, und der Annihilator-Gleiter. Erstere blieb ihrer Unterstützerrolle treu, wenn auch leicht abgeändert. Mit dem Wegfall fast aller Ausnahmen für die Selbstreparatur brauchte sie neue Aufgabengebiete. Diese fand sie in der Fahrzeugwartung und der Psiabwehr. Sie behielt ihre Waffenoption und die Fähigkeit, Skarabäen zu basteln, auch wenn sie diese nun nicht mehr für sich produzieren, sondern nur bestehende Schwärme erweitern konnte.
Der Gleiter bestach mit einer Hauptwaffe, die eine potentiell hohe Kadenz hatte verbunden mit lachhaft niedrigen Punktkosten, einer hohen Panzerung und Antigrav-Bewegung.
Im starken Kontrast stand für viele die Dominatorbarke, weil sie zu teuer war und sie sich nur auf Kosten der Effektivität ihrer Hauptwaffe bewegen durfte.
Für die gleichen Punktkosten konnte sich ein Necronspieler nun auch einen schnellen Angriffsflieger kaufen. Die Flugzeugregeln wurden aber erst mit der 6. Edition in das Standardreglement aufgenommen, weshalb die Todessichel zunächst nur ein überteuertes, schnelles Antigrav-Fahrzeug war, mit durchaus starken Waffen, aber zu niedriger Panzerung.

Flugzeug Nummer zwei war die Nachtsichel, die beim Erscheinen des Codex auch an ihrer Panzerung litt, dafür aber eine hohe Transportkapazität besaß. Sie war in der für die Necrons komplett neuen Kategorie der angeschlossenen Transportfahrzeuge zu finden.
Die Geisterbarke war ebenfalls dort vertreten. Sie musste sich der Kritik aussetzen, dass nur der Transport von Kriegern, Hochlords und Herrscherratsmitglieder erlaubt war. Für Spieler, die die Legionsliste wieder aufleben lassen wollten, war sie aber einen Blick wert, da sie die Ränge angeschlagener Necronkriegertrupps aufzufüllen im Stande war.
Den Abschluss der Sektion bildete das exklusive Gefährt des Hochlords, der Kommando-Gleiter. Mit dieser High-Tech-Sänfte war er nicht nur sehr schnell unterwegs, sondern machte es ihm möglich, feindliche Einheiten in der Bewegungs- und Nahkampfphase zu attackieren.

Die 5. Edition
Das populärste Konzept, vor allem in Turnierspielen, war in Hinblick auf die Stärke von Fahrzeugen und Panzer in dieser Edition und damit auch deren allgegenwärtige Verwendung die Käferschwemme. Das Konzept stützte sich auch das Maximum an Skarabäen (30 Stück) und Spinnen (9 Stück). Die Skarabäen konnten die Panzer unglaublich schnell vernichten oder Infanterie überwältigen, während die Spinnen ihre Reihen wieder auffüllten oder erweiterten. Der eigentliche Clou der Liste war jedoch, dass ein Skarabäentrupp gleich im ersten Zug auf 19 Stück hochgepumpt werden konnte und zudem jeder neue Schwarm an den jeweils vorangegangenen neuen angeschlossen wurde. Das bedeutet, man konnte eine Kette aus den Krabblern in Richtung der feindlichen Linien basteln, so dass sie den Gegner schon in Bedrängnis brachten, bevor dieser seine ersten Modelle bewegt hatte. Dem Konzept wurde in der 6. Edition ein Riegel vorgeschoben, indem in einem Erratum klargestellt wurde, dass neue Schwärme nicht an solche angegliedert werden durften, die ebenfalls im selben Zug erschaffen wurden.

Als einziges Konzept aus dem ersten Codex erfuhr der Phantomsturm eine nahtlose Fortsetzung. Mit weniger Kosten, größeren Trupps, mehr Schlagkraft sowie der damals sehr starken Möglichkeit Wundgruppen zu erstellen, waren die Phantome so zäh wie offensivstark und konnten es mit wirklich jedem Gegner aufnehmen.

Last but not least erfreute sich auch das „Beben“-Konzept großer Beliebtheit, dass interessanterweise u.a. auf zwei als recht schwach bewerteten Einheiten basierte: Orikan dem Seher und einem C’tan-Fragment mit Realitätsbeben. Dazu gesellte sich eine große Anzahl an Trupps bestehend aus fünf Kriegern mit einem Boten der Verwandlung. Die Boten und Orikan transformierten das Spielfeld in schwieriges Gelände, der C’tan selbiges sofort in gefährliches mit zusätzlichem Risiko für geländeanfällige Einheiten. Da letzterer Terraintyp keinen Rüstungswurf zuließ, war das Konzept ein Albtraum für Sprungtruppen und Bikes (und für Fahrzeuge ganz besonders).

Die 6. und 7. Edition
Dieser Albtraum endete mit den neuen Editionen im Sommer 2012 bzw. Mai 2014 als Einheiten sich gegen die Auswirkungen von Gelände mit ihren Rüstungen schützen durften. Auch sonst hatten diese beiden Editionen viele Gemeinsamkeiten, weshalb sie trotz einiger umfassender Änderungen kaum Auswirkung auf die Armeelistengestaltung hatten und daher hier als Einheit behandelt werden können.
Als langlebigstes Konzept erwies sich auch weiterhin der Phantomsturm, der nun noch stärker wurde. Mit der nun möglichen Übertragung von Erzfeind auf den gesamten Trupp durch einen angeschlossenen Destruktorlord erhöhte sich ihr potentieller Schaden und mittels der Regel Achtung, Sir! konnte man de facto jedes Phantom erst einmal 1 LP verlieren lassen, bevor auch nur eines in die Gruft zurück musste.

Das neue und ebenfalls mehr oder minder aktuelle Konzept war die Sichelliste, auch CronAir genannt, eine Anspielung auf den Film Conair. In den neuen Editionen waren die Nacht- und Todessichel Flugzeuge und keine Antigrav-Panzer. Die Schwierigkeit Flieger zu zerstören, vor allem zu Beginn der 6. Edition als Flugabwehrwaffen eine Rarität waren, und ihre Waffen machten die Sicheln zu so starken wie nervigen Einheiten. Schnelle Bewegung, viel Schaden und kaum zu treffen: Das waren die Vorzüge der zwei Flieger, die es von kaum beachteten Einheiten zu zwei der stärksten Auswahlen des Codex schafften. Mit der Veröffentlichung neuer Codizes und der Möglichkeit die Stärken der Necrons besser zu kompensieren, hat jedoch auch dieses Konzept viel von seiner ursprünglichen Stärke eingebüßt.

Auch die Necrons an sich sind mittlerweile nicht mehr die ultimative Bedrohung auf den Spieltischen. Wenn auch der Niedergang des aktuellen Codex nicht so extrem war wie der des ersten, so ist doch festzustellen, dass die Metallskelett nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette stehen. Interessanterweise gibt es neben dieser fast natürlichen Schwächung ihres Regelbuchs zwei weitere Parallelen zwischen den Codizes. Einerseits ist es so gut wie sicher, dass er der älteste aktuelle gespielte Codex in Warhammer 40.00 sein wird. Andererseits verursachte die Lebensdauer über drei Editionen hinweg Regellücken bzw. Regelextremitäten. War es im ersten Codex der Monolith, so ist es im aktuellen der Streitwagen des Hochlords.
Es wird interessant zu sehen sein, wie sich die Einheiten im dritten Necroncodex verändert und eingeschätzt werden oder ob sich der Fluff erneut umfassend wandeln wird.
                                                                                                                

Stählt eure Nerven für heute in zwei Wochen, wenn wir das furchterregendste Gebilde der Necrons genauer unter die Lupe nehmen. Der Monolith ist seit jeher DAS Machtsymbol der Necrons. Wir betrachten seine Entwicklung als einzige Einheit detaillierter und sehen, warum er nicht nur für unfreiwillige Komik sorgte, sondern auch der Hipster unter den Necrons ist.

1 Kommentar:

  1. Sehr sehr schön beschrieben. Ich freu mich schon auf den nächsten Teil :)

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