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Freitag, 21. November 2014

Exkurs: Das Symbol der Macht




 Hinweis: Abkürzungen und Einheitenbeschreibungen, die nicht erläutert werden, wurden bereits in einem früheren Artikel aufgelöst. Bitte seht bei Unklarheiten die anderen Teile der Retrospektive ein.
 



Wenn man sich mit Leuten unterhält, die seit 2002 Warhammer 40.000 (40k) spielen oder gespielt haben und auf das Thema Necrons zu sprechen kommt, so stehen die Chancen äußerst gut, dass ihnen zuerst die schwebende Pyramide namens Monolith in den Sinn kommt. Dieser Panzer war eine derart machtvolle Präsenz auf den Spieltischen, dass er selbst in seiner aktuellen „Tiefstform“ als DAS Machtsymbol der Necrons überhaupt zählt.

Die Spitze der Nahrungskette
Das ist vor allem dem hervorragenden (ersten) Regel- und Modelldesign geschuldet. Andy Chambers schaffte es, die Bedrohung, die die Necrons laut Hintergrund waren, allein durch den Monolithen darzustellen: unaufhaltsam, mysteriös, unzerstörbar. Wenig bis nichts war auf regulären Warhammer-40.000-Schlachtfeldern so Respekt abringend wie eine riesige, dunkle, langsam schwebende Pyramide, die alles um sie herum pulverisierte und dabei Laser-, Raketen- und Melterbeschuss ohne einen Kratzer abschüttelte.

Wie schon geschrieben war dies einerseits dem Modell selbst zu verdanken. Bei seinem
Erscheinen (und auch lange Zeit danach) war der Monolith der bisher größte Bausatz im Standard-40k, den Games Workshop veröffentlichte. Die Bemalung, in der man häufig den Monolithen präsentierte, war zudem fast ausschließlich in dunklen Tönen gehalten, wodurch das Bedrohliche zusätzlich unterstrichen wurde.

Die Regeln des Monolithen im ersten Codex: Necrons suchten andererseits seinerzeit ebenfalls ihresgleichen. Zu allererst zog er mit dem Land Raider der Space Marines gleich und erhielt eine Rundumpanzerung von 14. In einer Zeit, in der Panzerabwehrwaffen noch mehr oder minder Raritäten waren, machten dies die Necronpyramide schon sehr widerstandsfähig. Doch die Designer gingen noch einen Schritt weiter und konstruierten das Lebende Metall. Nach dieser Sonderregel bestand die Panzerung des Monolithen aus einem Material, das keine zusätzlichen Würfel für den Panzerungsdurchschlag erlaubte und Effekte von Lanzen ignorierte.

Seine aktiven Sonderregeln waren nicht weniger machtvoll. So konnte er einen Trupp mit der Sonderregel Necron in 18 Zoll Reichweite zu sich teleportieren und ihn durch sein grünes Tor an der Front wieder aussteigen lassen. Diese Art der Bewegung hatte für die auserwählte Einheit noch den sehr starken Effekt, dass sie alle fehlgeschlagenen Test für IKW wiederholen durfte. Als wenn dies nicht schon genug wäre, klärte Games Workshop die Spielergemeinde in einem späteren Erratum darüber auf, dass die teleportierte Einheit behandelt wurde, als wenn sie einen stationären Transporter verließe. Sie durfte sich also normal bewegen, schießen und ggf. im Nahkampf angreifen. Einigen Modellen, wie bspw. den Phantomen, war es somit möglich, sich in einem einzigen Spielerzug bis zu 49 (!) Zoll weit zu bewegen. Ein nahezu absurder Wert.
Das Portal hatte noch eine weitere Funktion. Es erlaubte einem Trupp Necronkrieger, das Spielfeld durch selbiges zu betreten. Dies musste vor Beginn des Spiels entschieden werden und sollte zum Ende der Schlacht kein Monolith mehr auf dem Feld stehen, zählte die Einheit als vernichtet, brachte den Necronspieler also schnell zum Phase Out. Dieser erhebliche Nachteil der Necrons war die prominenteste Möglichkeit, den Monolithen loszuwerden, ohne ihn direkt zu zerstören. Mit den zähen Necrontruppen und ihrer Synergie mit dem Panzer war das aber erst in der 5. Edition (also 6 Jahre nach dem Erscheinen des Monoliten) ein leichtes Unterfangen.

Das war einer der beiden (kleinen) Nachteile des Monolithen. Der zweite war die langsame Fortbewegung von mickrigen 6 Zoll. Doch auch diesen Malus konnte der Panzer leicht ausgleichen. Denn es war ihm erlaubt, als Schocktruppen das Schlachtfeld zu betreten. Natürlich hätte seine große Grundfläche dafür gesorgt, dass er schnell mal auf eine andere Einheit abweichen und so automatisch zerstört werden würde. Doch jeder, der das glaubte und hoffte, wurde schnell eines Besseren belehrt. Sollte der Monolith auf einer anderen Einheit landen, erlitt er kein Missgeschick, sondern schob die Truppen einfach zur Seite. Damit konnte man ihn nicht nur sorglos fast überall platzieren. Man konnte diese Verdrängung taktisch einsetzen, um feindliche Truppen aus Spielfeldvierteln oder von Missionszielen zu jagen und ihnen den Zugang zu selbigen umgehend zu verwehren. Auch im folgenden Spielverlauf konnte sich der Monolith über Hindernisse beim bewegen nicht beschweren. Er war ein schwebender Panzer, ein Antigrav-Fahrzeug. Es gab in der 3. bzw. 4. Edition eine Regel, die besagte, dass ein lahmgelegter Antigrav-Panzer, der sich vorher bewegt hatte, abstürzt und zerstört war. Auch diese Negativregel ignorierte der Monolith.

Nunn sollte man denken, dass es dem Monolith zumindest an Offensivkraft mangelte, doch auch das war weit gefehlt. Zugegeben lag seine Waffenreichweite zwischen 12 und 24 Zoll. Aber da man unbesorgt in die Gegnermassen reinschocken konnte, waren seine Waffen nicht nur sofort anwendbar, sondern geradezu prädestiniert für diese Taktik. Seine große Kanone war das Partikelgeschütz, der riesige, grüne Kristall im Zentrum. Es hatte eine Stärke von 8 und einen DS von 3. Außerdem war die Waffe unzerstörbar. Sogar das kleine Loch in der Mitte der Geschützschablone hatte einen Zweck. Jedes Modell darunter wurde mit DS 1 getroffen, Fahrzeuge und Infanterie gleichermaßen. Diese Eigenschaft zwang den Necrongegner laut erstem Erratum dem tatsächlichen Modell unter dem Loch den Treffer zuzuweisen. Das bedeutete, dass es mit dem Monolithen möglich war, gezielt bestimmte Feinde auszuschalten. Weil meist den Trägern von Melterwaffen oder Laserkanonen diese zweifelhafte Ehre zuteil wurde, machte es den Monolithen um ein Vielfaches schwerer zu zerstören, als es ohnehin schon der Fall war. Dies wurde in einem neuen Erratum jedoch wieder verneint und der Gegenspieler der Necrons durfte sich nun wie üblich das Modell aussuchen, das den DS-1-Treffer abbekam. Die zweite Waffe war der Gauss-Fluxprojektor, dessen Stärke und DS einem Gauss-Blaster entsprachen. Seine Reichweite war gering, aber dafür gab er auf JEDE feindliche Einheit in seinem Aktionsradius bis zu sechs Schüsse ab. Zudem war er eine Gausswaffe (Überraschung!) und konnte somit auch Fahrzeuge schädigen.

Das größte Kopfschütteln bei allen Spielern lösten jedoch die Punktkosten aus, die noch unter denen eines Land Raider lagen.

Die Macht dieses Fahrzeugs wurde mit einem Upgrade und einer Formation in den Erweiterungen Apokalypse: Reload bzw. Apokalypse weiter gesteigert, beides allerdings mit einem kleinen Aufpreis. In ersterem wurde der Gottesgericht-Monolith eingeführt. Es gab kein offizielles Modell, doch das präsentierte Bild legte dem Spieler nahe, diesen Panzer größer als die originäre Pyramide zu basteln. Die verbesserte Version besaß alle Regeln des Monolithen, einen Rettungswurf und einen besseres Geschütz. Es nutzte eine 7-Zoll-Schablone und bekam zusätzliche Schüsse auf weitere Ziele spendiert, wenn „normale“ Monolithen in entsprechender Reichweite auf den Einsatz ihres eigenen Geschützes verzichteten.
Dank der ersten Apokalypse-Erweiterung konnten die Necrons einen Verband aus 3 bis 5 Monolithen aufstellen, die ein Feld generierten, sofern sie richtig platziert wurden. Innerhalb dieses Feldes wurde der IKW-Wurf verbessert und Psikräfte negiert. Außerdem konnten keine Psikräfte von außen in das Feld hinein gewirkt werden und Waffen ohne die Sonderregel Gauss büßten an Stärke ein.

Mit diesen Aufwertungen stiegen die Necrons und noch mehr der Monolith selbst zu ungekannten Höhen auf.

Der Niedergang
Doch je höher man steigt, desto tiefer der Fall. Der zweite Codex der Necrons schwächte den Monolithen nach Ansicht fast aller Spieler so drastisch ab, dass er nur noch ein Schatten seiner selbst war. Die Symbolik und die Regeln hinterließen einen so bleibenden Eindruck, dass sich sowohl Necronspieler als auch deren Gegner über diese Abschwächung beschwerten. Auch wenn es letztlich nicht so gravierend war, sondern der Fokus von einer offensiven stärker auf eine unterstützende Rolle gelegt wurde, so ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass die schwebende Pyramide an Macht eingebüßt hat.

Die einschneidenste Ursache war die dramatische Veränderung und Vereinfachung des Lebendem Metalls. Statt Panzerabwehrwaffen abzuschwächen, erlaubte die mysteriöse Legierung lediglich eine Chance darauf, die Effekte von Crew betäubt und Crew durchgeschüttelt zu ignorieren. Auch seine Resistenz gegenüber Schocktruppen-Missgeschicken fiel dem Rotstift zum Opfer. Schlimmer noch wurde dem Panzer ein Teil seiner Flexibilität genommen, indem der Necronspieler gezwungen war, ihn per Schocktruppenregel aufzustellen, wenn er in Reserve blieb, und so ein solches Missgeschick zu riskieren. Außerdem wurden in der 6. Edition die Rumpfpunkte eingeführt, sodass vier Streifschüsse den Monolithen erledigen konnten.

Das Geschütz war nun nicht mehr unzerstörbar und verlor seine DS-Regel. Die Fluxprojektoren wurden abgesehen von der Reichweite durchgehend verschlechtert und konnten nun maximal auf vier Ziele mit halbierter Kadenz schießen. Sie waren nun durch Winkel und Sichtlinien bedeutend eingeschränkt. Das Tor hatte nun einen offensiven und defensiven Einsatzzweck. Zum einen konnte es Feinde in der näheren Umgebung als „Verluste entfernen“ lassen (liebevoll als Staubsauger bezeichnet) und umging so die zu Zeiten der 5. Edition inflationäre Regel Ewiger Krieger. Zum anderen konnte es wieder Truppen teleportieren und aus der Reserve holen. Die Reservisten konnten so bereits im ersten Zug und ohne einen Test das Spielfeld betreten. Einheiten konnten nun von allen Orten des Spielfeldes teleportiert werden und auch C’tan oder Gruftspinnen durften diese Art des Transports in Anspruch nehmen. Der Wermutstropfen war die Einschränkung, dass der Teleport die Einheiten behandelte, als wären sie aus einem mobilen Transporter ausgestiegen. Zum Leidwesen vieler Necronspieler erlaubte die Nutzung der Teleportation keine Wiederholung des REAP-Tests.

Letztendlich war der Monolith immer noch ein sehr robuster Panzer mit wertvollen Unterstützungsfunktionen. Aber der Verlust seiner Multifunktionalität und der damit eingehende Einbruch seines Nimbus der Unbesiegbarkeit war trotz einer Punktkostenreduzierung für die meisten Fans nicht tragbar, vor allem im Hinblick auf die neue starke Konkurrenz in der Unterstützungssektion.

Der Hipster
Dieser tiefe Fall der Kriegsmaschine zeigte interessanterweise, dass sich der Monolith bisher immer gegen die Entwicklung der Spielstärke seines eigenen Codex stellte. In der 3. und 4. Edition besaßen sowohl der Codex als auch der Panzer ein kontinuierlich sehr starkes Spielniveau. Doch während die übrigen Necrons in der 5. Edition viele Federn lassen mussten, wurde ihre Pyramide noch einmal aufgewertet. Das lag nicht nur daran, dass Panzer allgemein in dieser Edition gestärkt wurden, sondern auch, dass er dank seines unzerstörbaren Geschützes ganz offiziell nicht mehr von Streifschüssen vernichtet werden konnte. Mit dem Release des zweiten Codex bekamen die Necrons ihre Stärke wieder zurück, bis auf den Monolithen, der, wie oben schon ausführlich geschildert, viele Einschnitte verkraften musste. Mit der 6. Edition erfuhr der Codex im Allgemeinen einen weiteren Kraftschub. Aber auch hier musste die Kriegsmaschine mit dem Erhalt der Rumpfpunkte einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Mittlerweile ist die Spielstärke der außerirdischen Roboter wegen der 7. Edition und der Veröffentlichung aktualisierter Codizes wieder ein wenig gedrosselt worden. Die neue Fahrzeugschadentabelle gab dem Monolithen hingegen wieder etwas von seiner alten Robustheit und Bedrohlichkeit zurück.

Man hatte ja sonst nicht viel zu lachen…
Bei all dem Geschriebenen über Schrecken und Bedrohungen muss man durchaus daraufhin weisen, dass der so furchtbare Monolith über vier Editionen hinweg für unfreiwillige Komik sorgte. Die Basis hierfür bildete sein ungewöhnliches Regeldesign, das einen schwerfälligen, metallenen Moloch mit Antigrav-Technologie verband. Antigrav-Fahrzeuge waren eigentlich hochmobile flinke Einheiten und dementsprechend wurden ihre Regeln umschrieben.
In der 3. und 4. Edition konnten Antigrav-Fahrzeuge im Nahkampf nur auf eine 6 mit einem W6 getroffen werden, weil sie ja so schnell und flott waren. Stichwort: Monolith. In der 5. Edition konnten sie den Rammangriffen feindlicher Fahrzeuge bei einem Ergebnis von 3 oder höher ausweichen, weil sie ja so schnell und flott waren. Stichwort: Monolith. In der 6. Edition schließlich bekamen alle Antigrav-Vehikel einen Monat lang (vor dem ersten Erratum) ein Ausweichmanöver nach der Bewegung, weil sie ja so schnell und flott waren. Stichwort: Monolith.

Doch egal wie oft er ungewolltes Amüsement hervorrief oder wie viele Einschnitte er verkraften musste. Er war, ist und wird noch lange das unangefochtenen Machtsymbol der Necrons bleiben. Man kann gespannt sein, wie sich der Pyramidenpanzer in Zukunft entwickeln wird.

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Rüstet euch für die Erweiterung der Kriegsführung in drei Wochen. Die Necrons hüllen bei Kampfeinsätzen Städte in Flammen und planetare Invasionen eskalieren nicht selten in einer Apokalypse. Außerdem bringen Games Workshops Schmiedewelten eine Dynastie hervor, die sich auf die finstere Erntefunktion der Xenos zurückbesinnt.

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