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Samstag, 4. Oktober 2014

Version 2.0: Die zweite Ernte





Die Necrons. 

Nahezu unsterblich und mit vernichtender Waffentechnologie mischten sie als neue Konfliktpartei seit 1998 auf den 40k-Schlachtfeldern mit. Doch trotz dieser Eigenschaften waren sie spielerisch und den Hintergrund betreffend eher ein Ärgernis statt einer furchtbaren galaktischen Bedrohung.
Anfang der 2000er gab es erste Anzeichen, dass sich dies bald ändern sollte.

Mit dem neuen Millennium kamen auch erste Gerüchte über einen Codex: Necrons in Umlauf. Ende 2001 gab es erste neue Namen zur Armeeliste. Januar bzw. Februar 2002 folgten dann detailliertere Gerüchte über das Lebendes Metall, die Phantome, die Gruftspinne, die Alpträume und sogar über die vier noch lebenden C’tan. Auch die Begriffe Phase Out und Ich komme wieder…! waren das ein ums andere Mal zu lesen. Selbstverständlich waren nicht alle Informationen richtig: Das Gerede über den Monolithen reichte vom zahnlosen Unterstützer bis hin zum Offensivmonstrum mit mehreren Stärke-9-Waffen. C’tan wurde dagegen auf 600 Punkte festgesetzt.

Doch trotz oder gerade aufgrund solcher Fehlinformationen wurden die tatsächlichen Regeln von vielen Spielern gespannt erwartet; und sei es nur um zu sehen, was die Necrons ins Feld führen könnten. In einem offiziellen Interview goss Codexautor Andy Chambers weiteres Öl ins Feuer, indem er u.a. die düstere Bösartigkeit der Necrons betonte und beteuerte, das ein C’tan locker einen Schwarmtyranten samt Carnifex fertigmachen konnte.
Im August 2002 wurde jedwede Spekulation beendet, denn die Tore der Grüfte öffneten sich, damit die Metallxenos ihre finstere Ernte einfahren konnten. Der erste Codex der Necrons wurde veröffentlicht.

Der Hintergrund
Zur Geschichte der Necrons wurde sehr viel enthüllt. Ehemals als Necrontyr bekannt fristeten sie ein tristes, kurzlebiges Dasein und waren eifersüchtig auf die langlebigen Alten. In einem Krieg gegen sie zogen sie den Kürzeren, fanden die C’tan und ließen sich „Unsterblichkeit“ verleihen. Sie verloren allesamt ihre komplette Persönlichkeit und nahmen gegen die Alten als seelenlose Roboter erneut den Kampf auf. Diese erschufen unzählige Rassen, u.a. die Orks und die Eldar, um sich der Angriffe der nun ungemein mächtigeren Necrons zu erwehren. 

Sie konnten nur gewinnen, weil sich die C’tan gegenseitig verschlangen und die Necrons in Stase gingen, aus der sie erst in der „Gegenwart“, d.h. im 41. Jahrtausend, erwachen sollten.
Die Necrons waren nun nicht länger Plünderer ohne ein höheres Ziel. Im Gegenteil wollten sie nun jedwedes Leben bis zum letzten Bakterium aus der Galaxie tilgen und hatten einen brennenden Hass auf das Chaos. Das geschah nicht nur aufgrund ihres Hasses auf alles Lebende, sondern auch auf den Geheiß ihrer Götter: den C’tan. Diese ernährten sich früher von sterbenden Sternen, nun aber von den Seelen, die von ihren metallenen Dienern geerntet, d.h. getötet, wurden. Doch es wurde auch klar, dass die Sternenvampire eine größere Rolle in der Geschichte der Galaxis spielten. Sie initiierten z.B. den Gothic-Krieg, pflanzten bei allen Lebewesen (außer Orks) die Angst vor dem Tod ein und es gab Andeutungen, dass einer der ihren der tatsächliche Maschinengott des Mars sei. 

Abgesehen von den C’tan waren die Hintergrundinformationen zu allen anderen Einheiten eher dürftig. Kleine Textschnipsel am Seitenrand waren meist die einzigen kurzen Beschreibungen zum Zweck und evtl. dem Ursprung des jeweiligen Truppentyps.

Die Einbindung der mächtigen C’tan war in Hinsicht auf den Fluff durchaus gravierend und nicht jeder war darüber glücklich. Viele 40k-Fans fassten ihren Ärger in vier Worten zusammen: „The C’tan did it…!“. Damit waren bspw. die Entwicklung des Pariah-Gens, der Gothic-Krieg, der Zweck der Schwarzen Festungen, die Identität des marsianischen Maschinengottes, sogar die Natur des Schwarmbewusstseins und andere zentrale Fluffaspekte des 41. Jahrtausends gemeint. Der Hauptkritikpunkt war, dass die C’tan einfach zu omnipräsent waren und irgendwie immer etwas mit allen großen Ereignissen in der Galaxis zu tun hatten.

Neue Macht
Doch nicht nur im Hintergrund gab es umfangreiche Änderungen. Auch die Armeeliste und die Sonderregeln wiesen zahlreiche Neuerungen und Modifizierungen auf. Zunächst wurde die Eigenschaft Necron eingeführt, worunter Sonderregeln wie das Dematerialisieren (Phase Out) und Ich komme wieder…! (IKW/ I’ll be back…!) zusammengefasst wurden. Gerade für erstere spielte sie eine große Rolle, da die Modelle mit der Necron-Regel zur Bestimmung der Grenze für das Dematerialisieren herangezogen wurden. IKW erhielt zwei zusätzliche Regelaspekte. Einerseits wurde das Ignorieren der Selbstreparatur durch Energiewaffen hinzugefügt, andererseits schlossen sich wieder reparierte Necrons der nächsten Einheit desselben Typs an. Es konnte also durch aus passieren das 40 Mann starke Kriegertrupps über Schlachtfeld liefen oder sich Destruktoren einem Trupp anschließen konnten, der an einem gänzlichen anderen Ort auf der Tischplatte kämpfte. Schließlich verloren die stummen Seelenernter nun auch ihre Sonderregeln für das Sammeln und unterlagen diesbezüglich den gleichen Einschränkungen wie die restlichen Völker.

Ähnliche kosmetische Veränderungen erhielten auch die Gausswaffen, die bei einer 6 nun auch Einheiten verwundeten, deren Widerstand für die Waffenstärke eigentlich zu hoch war. Da das aber nur in seltenen Fällen den Gauss Desintegrator und in noch selteneren Fällen den Gauss Annihilator (nun wieder bekannt als Gauss Blaster; diesen Term werde ich nun auch weiterhin hier verwenden) betraf, hatte diese Änderung kaum spürbare Auswirkungen.

Fun-Fact-Qualität hat die Neuerung bei den Modellen. Sie waren nun menschenähnlicher, wirkten also nicht mehr wie metallene Orks. Außerdem waren die grünen Stäbe der Gausswaffen das erste Mal, dass Games Workshop farbige, durchsichtige Plastikteile in den Bausätze verkaufte.

Trotz dieser diversen weitreichenden Änderungen konnte man im Codex ein gewisses Maß an Kontinuität feststellen. Die aus der ersten Necron-Armeeliste bekannten Einheiten waren wieder komplett vertreten ebenso wie deren Waffen, deren Profile größtenteils unverändert blieben. Die Extinktoren und die Krieger behielten sowohl ihr Profil, ihre Option (Gaussgranaten wurden allerdings in Disruptorklauen umbenannt), ihre Bewaffnung und ihre Punktkosten. Die Einheitengröße der Extinktoren blieb auch unverändert, die Größe von Kriegertrupps wurde hingegen auf 10 bis 20 verdoppelt.

Auch die Destruktoren schienen sich keinen Deut verändert zu haben, doch eine kleine, unscheinbare Modifizierung machte sie etwas zäher. Ihr Widerstand betrug nun 5 statt (4)5. Was auf den ersten Blick, wie eine überflüssige Zahlenspielerei erscheint, erhöhte die Überlebenschance der Einheit merklich. In der 3. bis 5. Edition war der Widerstand in Klammer der Grundwiderstand und wurde dazu genutzt, um festzustellen, wann ein Modell durch eine Waffe mit doppelter Stärke sofort ausgeschaltet werden würde. Da dies auch eine der drei Ausnahmen für die Durchführung von IKW war, konnten sich Destruktoren nun auch reparieren, wenn sie von Waffen mit Stärke 8 oder 9 zerstört wurden. Des Weiteren verloren sie ihre Option, mit einer schweren Waffe ausgerüstet zu werden. Stattdessen wurde dies eine eigene Einheit. Die schweren Destruktoren waren allerdings keine Sturm-, sondern eine Unterstützungsauswahl. Zudem kosteten sie 15 Punkte mehr. Das DS der schweren Gauss Desintegratorkanone wurde auf 2 verbessert und ihr Trupp Größe reichte von 1 bis 3. Ansonsten unterschieden sie sich nicht von der leichteren Variante.

Die Skarabäen wurden mal wieder radikal geändert. Sie wurden in einigen Aspekten weiter abgeschwächt und waren nun verwundbar gegen Schablonenwaffen, hatten verdoppelte Punktkosten, aber ein halbiertes KG sowie einen Rüstungswurf von nur noch 5+, konnten keine Selbstzerstörung mehr einleiten und auch keine Missionsziele mehr einnehmen. Dafür wurden sie zu Schwärmen mit 3 Attacken und 3 LP, die einen verbessertem Deckungswurf bekamen, als Schocktruppen aufgestellt werden durften und furchtlos waren. Außerdem wurde ihre maximale Truppenstärke auf 10 erhöht und sie hatten die Option auf Disruptorklauen. Damit waren sie zu ihren Wurzeln zurückgekehrt und hatten sich von suizidalen Anti-Infanterie-Biestern zu panzerfressenden Käfern gewandelt.

Der Necronlord behielt zwar sein Profil und seine Grundausrüstung, wurde aber um 15 Punkte verteuert, erhielt jedoch auch jede Menge neue Spielsachen in seiner Rüstkammer. Neben der bereits bekannten Ausrüstung, wie dem Schleier der Finsternis, mit dem man die Necrons nun sogar aus dem Nahkampf heraus teleportieren konnte, der Flammenmaske und dem Solarimpuls, gesellte sich eine lange Liste mehr oder minder brauchbarer Gegenstände hinzu.
Das Chronometrum und das Hochspannungsfeld hatten die mit Sicherheit am wenigsten nützlichen Effekte. Ersteres erlaubte die Neuermittlung der Distanz für den Rückzug und die Neupositionierung, letzteres generierte Treffer mit Stärke 3 und ohne DS gegen Feindeinheiten im Nahkampf, war aber auf Verluste in den eigenen Reihen angewiesen. Die Aura des Schreckens zwang zwar feindliche Truppen in Reichweite zu einem Moraltest, aber durch die meist hohen Moralwerte führte der Effekt selten zum Erfolg. Auch die Disruptorklauen, die nun im Arsenal des Chefs waren, wurden nicht gebraucht, weil er für gerade mal 5 Punkte mehr die unzweifelhaft bessere Phasensense erhielt. Mit ihr hatte der Lord nicht nur einen 2W6-Panzerungsdurchschlag, sondern auch die mächtige Fähigkeit Rüstungs- UND Rettungswürfe zu ignorieren. Weitere nützliche Items waren der Regenerator, der in einem 6-Zoll-Radius zwei Drittel der Beschränkungen für IKW aufhob, und der Destruktorkörper, der dem Lord eine Jetbike-Bewegung und einen Grundwiderstand von 6 verlieh. Ein einziger Lord konnte sich zudem nun auch einen Phasenverzerrer und damit einen Rettungswurf von 4+ kaufen. Die Phylactiden gaben dem Anführer der Necrontruppen schließlich noch die Chance mit seinen vollen 3 LP wieder aufzuerstehen. Das hing davon ab, ob und mit welcher Augenzahl der Lord seinen Wurf für IKW bestand.
Die große Menge an Artefakten hatte ihren Preis: Die Gegenstände waren vergleichsweise kostspielig und der Lord durfte sich nur für maximal 100 Punkte ausrüsten. Lediglich die Phasensense zählte nicht gegen dieses Limit, was ein weiterer Grund war, sie den Disruptorklauen vorzuziehen.

Doch nicht nur die Rüstkammer wurde aufgestockt. Auch die einzelnen Sektionen der Armeeliste, mit Ausnahme des Standardbereiches, wurden mit neuen Truppen erweitert, so dass jede Abteilung drei Auswahlen besaß.

Zu den elitären Truppen zählten neben den Extinktoren nun die Albträume und die Pariah. Erstere waren flexible und potente Nahkampfspezialisten, die über eine gute Initiative sowie viele Attacken verfügten und sich Disruptorklauen kaufen konnten. Man durfte sie sogar auf bis zu vier verschiedene Arten aufstellen: normal, als Schocktruppen, als Infiltratoren und ab der 5. Edition per Flankenangriff. Zudem konnten sie sich schnell durchs Gelände bewegen und hatten eine bessere Version der heute als Angst bekannten Sonderregel. Besser deshalb, weil der Effekt auch Space Marines betraf. Mit 4 bis 10 Modellen waren sie ein echter Geheimtipp, der hervorragend Infanterie und Panzer erledigen konnte.



Die Pariah waren ein Paradebeispiel für eine Einheit, die auf dem Papier sehr gut klang, in der Praxis aber kaum zu gebrauchen war. Abgesehen von den niedrigeren LP und Attacken sowie des um 1 kleinere Initiativewertes, glich ihr Profil dem des Lords. Sie hatten allesamt die Phasensense mit einem eingebauten Gauss Blaster und waren furchtlos. Wie der Name schon vermuten lässt, trugen sie auch das von den C’tan entwickelte Pariah-Gen und versetzten deshalb Psioniker in Angst und Schrecken bzw. senkten den Moralwert jedes Feindes in Reichweite. Die Größe der Einheit war 4 bis 10 Pariah und sie durfte nur einmal aufgestellt werden. Sie hatte allerdings zwei Probleme: Einerseits kostete ein Pariah so viel wie zwei Necronkrieger, andererseits hatten sie nicht die Sonderregel Necron und damit keinen Zugriff auf IKW. Weil sie zudem keine Option auf einen Transporter hatten und nicht vom Schleier der Finsternis teleportiert werden durften, mussten sie sich zu Fuß übers Spielfeld bewegen. Daher kamen sie nur sehr dezimiert beim Feind an, wenn überhaupt, und waren somit faktisch totes Kapital.


Wesentlich vielversprechendere Nahkampftruppen waren die Phantome, eine neue Sturmauswahl. Ihre Truppenstärke war mit 1 bis 3 Modellen nicht sehr hoch und sie wirkten durch ihr Design nicht gerade robust. Ihre Profilwerte und Regeln straften ihrer filigranen Erscheinung Lügen. Für die Offensive hatten sie neben 3 Attacken und Fragmentgranaten auch eine Stärke und sogar eine Initiative von 6. Widerstandsfähig wurde sie durch die IKW-Regel und ihren 3+-Rettungswurf, ein sehr guter Wert für die damalige Zeit. Außerdem hatten sie eine 12-Zoll-Bewegung, bei der sie jedwedes Gelände ignorierten, sogar unpassierbares. Die Wermutstropfen waren die Punktkosten, die noch 5 Punkte über den Pariah lag, sowie das Fehlen rüstungsignorierender Attacken. Außerdem standen sie in starker Konkurrenz zu den Skarabäenschwärmen und den Destruktoren.

Weit weniger Wettbewerb herrschte in der ersten Unterstützungssektion der Necrons. Der Monolith war stets die bevorzugte Wahl. Dieser Panzer der Necrons ist es wert, in einem eigenen Artikel behandelt zu werden. Daher wird er hier nicht weiter und detaillierter beschrieben. Die zweite Unterstützungsauswahl, der schwere Destruktor, wurde schon weiter oben erläutert.Nummer drei in dieser Kategorie war die furchtlose Gruftspinne.

Sie konnte das dritte Verbot für IKW aushebeln, wenn sie nah genug am zerstörten Necrontrupp war und sich eine Einheit des gleichen Typs an anderer Stelle des Spielfeldes befand. Besonders hilfreich war dafür, dass die 1 bis 3 Spinnen eines Trupps autonom voneinander aufgestellt werden und agieren durften. Außerdem konnten sich die metallenen Arachniden ein paar Skarabäen basteln, die mit den Spinnen als Einheit übers Schlachtfeld krabbelten, musste sich aber darauf gefasst machen, Schaden davon zu tragen. Daher war es für die Necronspieler von großer Wichtigkeit immer ein Auge auf die 2 LP der Spinne haben. Für eine monströse Kreatur waren die restlichen Profilwerte ebenso unterdurchschnittlich: Das KG und die BF waren nur halb so gut, wie jene Werte der Krieger. Die Stärke und der Widerstand betrugen „nur“ 6 und die Initiative war die für Necrons typische. Allerdings war die Spinne auch eher auf Unterstützung denn Offensive ausgelegt, obwohl sie natürlich mit ihrem 2W6-Panzerungsdurchschlag und dem Ignorieren von Rüstungen durchaus auch Schaden verursachen konnte. Zudem war das Modell verhältnismäßig klein und damit leicht in Deckung zu bringen. Sie konnte auch mit einer Partikelwaffe ausgerüstet werden, die faktisch ein Stab des Lichts war, allerdings konnte man bei der niedrigen BF aber keine Wunder beim Schadensoutput erwarten.


Die wandelnden Götter
Höchst imposante Monster waren dagegen die beiden C’tan, die als HQ-Modelle integriert und spielbar gemacht wurden. Im Gegensatz zu den übrigen Einheiten des Codex war der Fluff zu den Sternenvampiren äußerst ergiebig. Eigentlich sind C’tan reine Energiewesen, die sich von sterbenden Sonnen ernährten, und so alt wie das Universum selbst waren. Sie hatte ursprünglich weder eine Bezeichnung noch Namen. Der Begriff „C’tan“ kommt aus der Sprache der Necrontyr und bedeutet „Sternengötter“. Die Necrontyr kleideten die C’tan in Hüllen aus lebendem Metall und brachten sie auf den Geschmack von Anbetungen und dem Verzehr anderer Lebewesen. Das ging soweit, dass sie sich gegenseitig verschlangen und am Ende des Krieges gegen die Alten, nur noch vier ihrer Art übrig waren. Der Gaukler und der Todesbote waren die beiden wieder erwachten Sternengötter und konnten von den Necronspielern aufs Feld geführt werden. In regulären Spielen allerdings nie zur selben Zeit.

Zwei Aspekte dieser HQ-Modelle waren enorm: ihre Punktkosten und ihre Sonderregeln. Der Todesbote hatte den stolzen Preis von 20 Necronkriegern. Der Gaukler war zwar etwas günstiger, aber selbst für seine Kosten hätte man noch drei Lords aufstellen können. 
Die Anzahl ihrer Sonderregeln war ebenfalls so hoch, dass sie in zwei Kategorien aufgeteilt werden mussten. Zum einen in Fähigkeiten und Eigenschaften, die beide C’tan gemeinsam hatten, zum anderen für den jeweiligen Sternengott spezifischen Regeln. Der Todesbote kam so auf zehn, der Gaukler sogar auf elf Sonderregeln. Gemeinsam war beiden, dass sie Gelände, Rettungs- und Rüstungswürfe ignorierten, furchtlose Monster mit einem 4+-Rettungswurf waren, C’tan-Waffen der imperialen Assassinen absorbierten, Eldar-Phantomstrahler deklassierten und stets als Ziel für Beschuss gewählt werden durften (Anmerkung: In der 3. bzw. 4. Edition war es nicht erlaubt, ein Unabhängiges Charaktermodell zu beschießen, wenn es in 6 Zoll zu einer befreundeten Einheit stand). Außerdem zählten sie als mit Fragmentgranaten ausgestattet, machten regenerative Effekte wirkungslos, explodierten bei ihrem Tod und zwangen jeden Feind, der sie angreifen wollte, zu einem Moraltest.

Der Todesbote war die Manifestation des Sensenmannes und ein brutales Nahkampfmonstrum: Ein KG von 6, Stärke 10, ein 8er Widerstand sowie 5 Attacken und LP sprechen für sich. Im Nahkampf konnte er den Todesblick einsetzen und mit einem die Rüstung ignorierenden Stärke-4-Angriff massenhaft Feind gleichzeitig niedermähen … bzw. … -starren. Wenn er mal keine Lust aufs Prügeln hatte oder seine Feinde in die Arme anderer Necrontruppen treiben wollte, konnte er sie mit einem Sturm von sich pusten. Zumindest theoretisch. Praktisch war es so gut wie nie durchführbar, weil eine der zwei Bedingungen nur sehr selten erfüllt werden konnte. Lediglich gegen Orks oder Tyraniden konnte man damit rechnen, den Ätherischen Sturmwind anwenden zu können. Als kleines Schmankerl konnte er mit seiner Sense einen Blitzschlag erzeugen, dessen Stärke und DS einer Laserkanone entsprach, aber bei einem Schuss auf ein BF von 4 lag der Fokus des Sensenträgers klar auf dem Nahkampf.

Im Gegensatz zum Todesboten war der Gaukler nicht so stark aufs Kämpfen ausgelegt, mal abgesehen von seinen Profilwerten. KG, BF, Attacke und Stärke waren im Vergleich zu seinem Artgenossen einen Punkt niedriger, er hatte dafür aber den höheren Initiativewert von 5. Wie es sein Name schon vermuten lässt, waren seine spezifischen Sonderregeln auf Täuschung und Effekte ausgelegt. Daher erhielt er gegenüber dem Todesboten auch meist den Vorzug. Zwei Fähigkeiten zwangen eine feindliche Einheit in 24 Zoll zu einem Moraltest, entweder um sie zum Rückzug zu forcieren, Schutz zu suchen oder den Angst-Effekt, den auch die Albträume verursachten, zu produzieren. Laut einem späteren Erratum der Regeln, durfte so sogar versucht werden, furchtlose Einheiten niederzuhalten. Außerdem hatte der Necronspieler bei hohem Würfelglück die Möglichkeit, vor Spielsbeginn nochmal seine gesamte Armee umzustellen. Die mit Abstand beste Fähigkeit war für viele Spieler das Trugbild. Dank dieser Regel konnte sich der Gaukler 2W6 Zoll in eine beliebige Richtung aus dem Nahkampf zurückziehen, ohne verfolgt zu werden; einfach so und ohne Test. Er durfte sich seine Nahkämpfe also faktisch aussuchen. Somit konnte er feindliche Truppen binden und den Kampf verlassen, sobald eigene Truppen in Reichweite waren, um den einstigen Nahkampfgegner niederzuschießen. Der Wert dieser Fähigkeit in etwaigen Listenkonzepten wurde aber erst zwei Editionen später richtig erkannt.

Die 3./4. Edition
In der Edition, die beim Erscheinen des Codex: Necrons aktuell war, und ihrer Nachfolgeversion war nämlich vor allem das Konzept dominant, das als Legionsliste bekannt wurde. Es hatte die beiden Regelwerke lang bestand, weil von der 3. auf die 4. Edition keine gravierende Änderungen für die Necrons Einzug hielten. Das Konzept basierte primär auf drei Auswahlen: Lords, Krieger und Monolithen.

Krieger wurden bis auf einen zumeist in ihrer Maximalgröße als 20er-Blocks gespielt, verschrotteten Fahrzeuge und töten Infanterie und Monster jeder Art. Weil es noch keine Rumpfpunkte gab und Streifschüsse auf einer eigenen Fahrzeug-Schadenstabelle abgehandelt wurden, konnten Panzer schon mit einem Schuss, geschweige denn mit 20 oder mehr, zerstört werden. Monolithen dienten dazu die Selbstreparatur der Krieger zu unterstützen und sie in Schnellfeuerreichweite zu bringen oder teilten selbst ordentlich mit aus. Ob ein oder zwei Lords eingesetzt wurden, hing von der gespielten Gesamtpunkzahl ab. Gesetzt war jedoch, dass ein Lord mit dem Schleier der Dunkelheit, einem Regenerator und einer Phasensense ausgerüstet sein musste. So erhöhte er die Widerstandskraft der Krieger, konnte sie in günstige Feuerpositionen oder aus dem Nahkampf heraus teleportieren und ggf. Panzer und Monster auf eigene Faust von der Platte schicken. Er wurde oftmals dem einzigen minimalen, also zehn Krieger starken Trupp angeschlossen, um ihn sicherer teleportieren zu können. Ein möglicher zweiter Lord wurde zu einem stabilen, schnellen Prügler aufgerüstet. Der Destruktorkörper, ein Regenerator, der Phasenverzerrer und eine Phasensense garantierten einen zähen Nahkampfspezialisten.

Das übrige Punktevakuum wurde üblicherweise mit Phantomen, Albträumen oder Skarabäenschwärme gefüllt. Deren Aufgabe war es feindliche Nahkämpfer von den Kriegertrupps fernzuhalten. Allerdings nur, damit diese weiterhin ihre Fernkampfwaffen zum Einsatz bringen konnten, nicht weil man Angst um ihr Überleben haben musste. Denn die Nahkampfregeln der beiden Editionen sorgten dafür, dass selbst Nahkampfspezialisten in Kriegertrupps einfach versumpften. Mali für verlorenen Nahkämpfe entstanden nämlich nur durch sehr seltenen Sonderregeln, ab einer Unterzahl von zwei zu eins oder wenn in einem Spielerzug die Hälfte der Modelle oder mehr als Verlust entfernt wurden. Da gerade die letzten beiden Bedingungen bei einem 20 Modelle umfassenden Necronkriegertrupp kaum zu erfüllen waren, machten Krieger im Notfall oder auch mit Absicht zu idealen Blockern. Zumal etwaige Verluste sich wieder erhoben oder der Trupp einfach aus dem Nahkampf rausteleportiert werden konnten, um in der folgenden Schussphase eine volle Breitseite abzugeben. Tatsächlich machte das Zusammenspiel der drei Hauptelemente die Armee so robust, dass die negative Regel Phase Out kaum eine Rolle spielte.
Natürlich gab es auch Variationen bei der Listenerstellung: Spinnen zur weiteren Stabilisierung der Krieger oder Destruktoren als schnelle Feuerplattformen. Im Grunde blieb aber der Kern aus Lord, Kriegern und dem Monolithen bestehen.

Nach der stiefmütterlichen Behandlungen vor ihrem ersten Codex waren die Necrons nun eine bedrohliche Macht im 40k-Universum und auf den Spieltischen gleichermaßen. Sie waren nicht unschlagbar oder übermächtig, aber doch ein Volk, dass viele spielerische Fehler verzieh und an deren Armeen man sich die Zähne ausbeißen konnte. Über knapp sechs Jahre hinweg änderten sich weder das Grundkonzept der dominanten Legionsliste noch das Gefahrenlevel, das die außerirdischen Roboter darstellten.

Dann kam die 5. Edition.

Die 5. Edition
Ab dem 12. Juli 2008 standen die Necrons vor herben Problemen. Mit den neuen Regeln für den Nahkampf und die Streifschüsse, wurde ihre zwei wichtigsten Regeln, IKW und Gausswaffen, ausgehebelt. Mit den neuen Nahkampfregeln konnten die großen Kriegertrupps innerhalb eines Zuges komplett ausgelöscht werden. Weil nun die Differenz der verursachten LP-Verluste beim Verlierer als Malus auf den Moralwert angerechnet wurde, mussten Krieger auf einmal Rückzugstest mit einem MW von 2 oder 3 durchführen und wurden wegen ihrer niedrigen Initiative sofort überrannt. Da laut Erratum überrannte Necrons keine IKW-Würfe durchführen durften, waren 20 Krieger auf einen Schlag verloren. Phase Out wurde damit plötzlich von einer fast rein atmosphärischen Regel zu einem Damoklesschwert, das bedrohlich über jedem Necronspieler hing, sobald er seine Modelle auf die Tischplatte stellte. 
Die Fahrzeugschadenstabellen wurden zusammengefasst. Die Ergebnisse der Tabelle, die damit übrig blieb, wurden durch den DS der Fernkampfwaffen und von Streifschüssen modifiziert. Wegen des Herabsenkens des erwürfelten Schadens konnten die Gausswaffen der Krieger zunächst maximal Fahrzeugwaffen zerstören. Erst wenn alle Waffen hinüber waren, wurde das Fahrzeug lahmgelegt und dann konnte es mit einem nochmaligen Waffe zerstört- oder Lahmgelegt-Ergebnis zerstört werden. Der Hagel an 6en, der dafür gewürfelt werden musste, war statistisch so unwahrscheinlich, dass die Krieger bzw. die meisten Gausswaffen nicht mehr als Fahrzeugnemesis in Betracht gezogen werden konnten. Das so widerstandsfähige und mächtige Konzept der Legionsliste wurde über Nacht de facto nutzlos. Krieger wurden von einem Listenfundament zu einer Belastung, deren plötzliche Fragilität quasi ein Garant für das Dematerialisieren war. Daher bauten viele Listen nur noch das Minimum an Standards ein und ließen es in Reserve. Dort konnten sie nicht zerstört werden und somit auch kein Phase Out verursachen. Leider mussten Necronspieler damit auch mit knapp 400 Punkten weniger spielen.


Ein kleiner Vorteil des Niedergangs der Necronkrieger war allerdings, das nun neue Armeelisten Einzug hielten und auch andere Einheiten des Codex endlich zum Einsatz kamen. Nur der Monolith blieb fast immer gesetzt, der Lord gezwungenermaßen ebenfalls. Am beliebtesten wurde der Destruktorsturm. Er beinhaltete das Maximum an 15 normalen Destruktoren, die mit insgesamt 45 Schüssen bei einer Reichweite von 36 Zoll und einer Stärke von 6 schon eine ernstzunehmende Bedrohung darstellten, wenn auch nicht in dem Maße wie es die Legionsliste einst war. Der Lord wurde, wie schon oben geschilderten, mit Destruktorkörper etc. gespielt. Er konnte so mit den Sturmeinheiten mithalten und ihre Selbstreparatur unterstützen oder Nahkämpfer abfangen. Letzteres war auch Aufgabe etwaiger Albträume in der Liste, ebenso wie das Binden feindlicher Fernkämpfer. Krieger waren der notwendige Ballast.

Das nahkampflastige Pendant zu dieser Liste war der Phantomsturm, der statt Destruktoren auf die feingliedrigen Körperlosen setzte. Der Vorteil dieser Liste lag in der besseren Fahrzeugabwehr. Da Panzer nun im Nahkampf automatisch im Heck getroffen wurden und die Panzerung dort meist bei 10 lag, war bei einer Stärke von 6 die Chance auf einen Volltreffer höher als bei den Destruktoren mit ihren Gausswaffen. Außerdem war die Initiative von 6 praktisch gegen feindlichen Nahkampfspezialisten.

Recht unkonventionell waren dagegen die Monster- und die Angstliste. Beide setzten auf den Gaukler, der Nahkämpfer gut binden und bei Bedarf zurücklassen konnte, um sie zusammenschießen zu lassen. Die Monsterliste entsprang der Erkenntnis vieler Spieler, dass die Necrons mehr monströse Kreaturen auf niedrigere Punkte als die Tyraniden aufstellen konnten. Insgesamt zehn unabhängig voneinander agierende Monster konnten so aufgestellt werden: neun Spinnen und der Gaukler. Die Liste war durchaus sehr robust, da einerseits in den ersten Runden kein Phase Out möglich war (Modelle mit der Regel Necron blieben meist komplett in Reserve) und andererseits hatten fast alle Spinnen einen 2+-Deckungswurf. Den produzierten sie, indem sich jede Spinne genau einen Skarabäenschwarm bastelte, mit dem sie laut Regeln dann eine Einheit bildeten. Schwärme bekamen in der 5. Edition einen Bonus auf ihren Deckungswurf von 1 und die Skarabäen erhielten dank ihrer Sonderregel, die noch auf der 3. Edition basierten einen zusätzlichen +1-Bonus. Die Spieler bewegten die Spinnen vorwärts und achteten dabei stets darauf die Skarabäen immer in Deckung, vorzugsweise Ruinen, zu lassen. Weil damit 50% des Trupps in Deckung waren erhielten auch die Spinnen den hervorragenden Deckungswurf.

Die Angstliste setzte weniger auf Schaden und mehr auf Moraleffekte. Dafür war vor allem die bisher am wenigsten beachtete Einheit zentral: die Pariah. Die Liste beinhaltete neben diesen experimentellen Necrons noch den Gaukler, einen Lord mit der Aura des Schreckens, Albträume und Monolithen. Der Monolith diente nun vor allem als Sichtblocker, hinter dem sich die Pariah versteckten. Sie sollten unbeschadet in Reichweite des Feindes kommen, um deren Moralwert auf 7 zu senken. Der Gaukler sollte dann seine Fähigkeiten und der Lord seine Aura einsetzen, um die gegnerischen Einheiten zu Flucht zwingen. Die Albträume erledigten die Truppen, die die Nerven behielten im Nahkampf und zwangen sie so zu weiteren modifizierten Moraltest aufgrund ihrer eigenen Sonderregeln. Natürlich war die Liste extrem teuer, sowohl an Punkten als auch an Geld.

Doch trotz dieser neuen Listenvarianz war es schwierig mit Necrons weiterhin zu gewinnen und sie konnten ihre Macht auf den Spieltischen aus den Zeiten der 3. und 4. Edition nicht wiedererlangen. Stattdessen mussten sie sich mit FAQs und Errata herumschlagen, die die in die Jahre gekommenen Regeln einigermaßen an den aktuellen Stand anpassten. Die anhaltende Schwierigkeit, mit Necrons auf Sieg zu spielen, ließ sie langsam, aber sicher nach und nach von den Spieltischen verschwinden, darauf wartend wieder zu altem Glanz aufsteigen zu können.


In drei Wochen werfen wir einen Blick auf die Erlösung der metallenen Seelenernter. Die Necrons rüsten wieder auf und finden zu alter Form zurück. Monarchien werden sich aus dem Staub erheben, Hierarchien umstrukturiert und sie stehen ihrem nach dem Urteil vieler Fans bisher schlimmsten Feind gegenüber: Matt Ward.

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